Welches Ziel verfolgt das Boßeln oder auch ›Klootschieten‹?
Boßeln oder Klootschieten ist ein traditioneller Mannschaftssport in Nordfriesland. Wenn sich zwei Mannschaften bilden, die eine – in der Regel mit Blei gefüllte bzw. ausgegossene – Holzkugel oder auch Gummikugel über eine zuvor festgelegte Strecke, die zwischen 2 und 8 km lang sein kann, möglichst weit werfen, um ein bestimmtes Ziel mit möglichst wenigen Würfen zu erreichen. Es geht also darum, ein vereinbartes Ziel mit weniger Würfen zu erreichen als die gegnerische Mannschaft. Die ›Boßeln‹ leiten sich aus dem plattdeutschen Sprachgebrauch ab und meint damit die ›Kugeln‹. Während in Nordfriesland durchgehend der Begriff ›Boßeln‹ verwendet wird, spricht man in anderen Regionen vom ›Klootschießen‹. Der niederdeutsche Begriff ›Kloot‹ leitet sich von ›Kluten‹ ab, was mit dem Terminus ›Klumpen‹ übersetzt werden kann. Man vermutet, dass sich das Klootschießen bereits im Mittelalter entwickelt hat. Aus dem schweren Marschboden, dem Kleiboden, wurden getrocknete Kleiklumpen gebildet und von den Teilnehmern der jeweiligen Mannschaft im Zuge gegenseitigen Kräftemessens möglichst weit in die Marsch geworfen. Statt des Kleiklumpens wurde in späteren Jahren eine Holzkugel genommen, in welche kegelförmige Löcher gebohrt und mit Blei gefüllt wurden. So konnte das Gewicht der Kugel deutlich erhöht werden.
Anzutreffen sind Boßel-Mannschaften häufig in den norddeutschen Küstenregionen, zum Beispiel in den Kreisen Dithmarschen und in den flachen Marschlandschaften Nordfrieslands, die sich für diesen Sport besonders eignen; ebenso in den Regionen Emsland , im Oldenburger Land und in Ostfriesland, die als ›Hochburgen‹ gelten. Verbreitungsgebiete lassen sich auch in Dänemark Irland, Italien, in den Niederlanden oder in Österreich finden. Auch gibt es regionale Unterschiede hinsichtlich der Bezeichnung. In den Niederlanden wird durchgängig vom ›Klootschieten‹ oder auch ›Klootscheeten‹ gesprochen. In Deutschland war es übrigens erst seit den 50er Jahren Frauen gestattet, an den Boßel-Wettbewerben teilzunehmen. Diese Veranstaltungen werden inzwischen hauptsächlich in den regionalen Vereinen ausgetragen. Bereits 1894 hat sich der Verband Schleswig-Holsteinischer Boßler e.V. gegründet, der seinen Sitz in Heide hat. Auch gibt es längst internationale und deutsche Meisterschaften im Boßeln. Die deutschen Boßelmeisterschaften werden seit 1999 alle zwei Jahre, die internationalen Meisterschaften dagegen seit 1972 alle vier Jahre ausgetragen. Übrigens unterscheiden wir zwei verschiedene Messweisen: Beim ›Flüchten‹ wird die Strecke zwischen der Abwurfstelle und dem ersten Auftreffen gemessen (Standboßeln). Beim ›Trünneln‹ wird die die gesamte Strecke bis zu dem Punkt gemessen, an dem die Kugel nach dem Ausrollen liegen bleibt (Straßenboßeln).
Der Zweck des Vereins wird in § 2 der Satzung im ersten Absatz wie folgt beschrieben:
»Der Verband Schleswig-Holsteinischer Boßler e. V. bezweckt auf gemeinnütziger Grundlage ausschließlich und unmittelbar die Pflege und Förderung des alten Heimatspieles und Sportes Boßeln. Hierzu gehört insbesondere die Pflege der niederdeutschen Sprache, die Heranbildung jugendlichen Nachwuchses sowie die Aufrechterhaltung und Vertiefung von Verbindungen und Freundschaften zu artverwandten Verbänden und Vereinen.
Der Satzungszweck wird insbesondere durch die Veranstaltung von Wettkämpfen im Stand-, Feld- und Straßenboßeln für Erwachsene sowie für Kinder und Jugendliche verwirklicht. Zudem wird mit Erwachsenen und Jugendlichen an Vergleichskämpfen mit anderen deutschen und ausländischen Boßelverbänden teilgenommen. (zit. aus der Satzung des Verbandes Schleswig-Holsteinischer Boßler e.V.)“
© Fotografie | Dieter Johannsen
Literaturverzeichnis
Abbildung:
- © Fotografie | Dieter Johannsen – Titel: Boßelkugeln aus Gummi; Durchmesser: 10,5 cm, Gewicht: 1100g